Buchtipp: „Air“ von Christian Kracht

Leben wir in der Cloud oder in irgendeiner (anderen) wahnwitzigen Wirklichkeit? Christian Kracht hat mit „Air“ einen Roman geschrieben, an dem wir lange zu knabbern haben. Paul, ein Schweizer Inneneinrichter, lebt zusammen mit einer einäugigen Katze in einer durchdesignten, minimalistischen high-key Umgebung in weiß-silber-grau in the middle of nowhere auf den Orkney-Inseln, genau dort, wo schon Orwell „1984“ geschrieben hat. Er bekommt den Auftrag, für reichlich Knaster im norwegischen Stavanger große Hallen neu zu gestalten, in denen gigantische Server die Gedanken der Welt speichern und verarbeiten. Da bricht ein Sonnensturm aus, der Paul in eine andere Dimension katapultiert. Der Roman, eigentlich eher ein modernes Märchen, erinnert mit seinen verschiedenen Meta-Ebenen und tausend Anspielungen, etwa an „Krieg der Sterne“, „Per Anhalter durch die Galaxis“, die „Unendliche Geschichte“, „Die Brüder Löwenherz“, klassische Legenden, vielleicht „Faust“ und die Pop-Literatur. Sollte das etwa „der“ neue Klassiker der Moderne sein oder „nur“ ein grandioser Spaß? Nie war es herrlicher, sich mit Literatur in Welten jenseits frustrierender Realitäten schießen zu lassen.

Christian Kracht: „Air“
Kiepenheuer & Witsch, 215 Seiten, 25,-
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